pte20060119019 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Urumqis Kampf mit dem Abfall

Schlüsselkreislauf Abfall: Analyse der Daten problematisch


Heidelberg (pte019/19.01.2006/12:00) Die Millionenstadt Urumqi in Nordwest-China mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 17 Prozent kämpft mit großen Umweltproblemen. Ein deutsches Expertenteam der Universität, Stadt Heidelberg und regionaler Unternehmen erarbeitet nun nachhaltige Lösungsvorschläge für die drei Schlüsselkreisläufe Wasser, Energie und Abfall. Pressetext berichtet über die Ansätze der drei Kreisläufe im Detail. (siehe Schlüsselkreis Energie http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=060116018 )

"In der gesamten Provinz Xinjiang fallen derzeit schätzungsweise 5,5 Mio. Tonnen Industrieabfall an. Knapp 40 Prozent davon konzentrieren sich auf den Großraum Urumqi", so lauten die offiziellen Zahlen, berichtet Thomas Sterr, Stoffstrommanagement-Experte vom Institut für Umweltwirtschaftsanalysen http://www.iuwa.de in Heidelberg. Nach Angaben der chinesischen Behörden liegt der Anteil der gefährlichen Abfallstoffe der Hauptstadt Urumqi sogar bei 75 Prozent. Sterr warnt im pressetext-Interview allerdings vor einem allzu apodiktischen Umgang mit diesen Zahlen. "Die Auskünfte über Zahlen sind relativ ungenau", so der Experte, der allerdings deutlich macht, dass relativ große Kapazitäten abgelagert werden. "Viele Angaben basieren einfach auf Schätzungen, Vermutungen und Analogieschlüssen, weil zuverlässige Messungen fehlen und einzelne Behörden dort erst allmählich mit diesen Problemkreisen in Berührung kommen."

"Die Behörden sind sich auch unklar darüber, welche Begleiterscheinungen durch das Ansiedeln von Chemiebetrieben auf sie zukommen", meint Sterr. Wenn aber bekannt ist, welche Art von chemischer Industrie mit welchen Verfahren welche Stoffe herstellt, werde auch deutlich welche Art von Problemstoffen dabei anfallen. "Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Umgebung von Urumqi äußerst ländlich geprägt ist. In einem Umkreis von 1.000 Kilometern gibt es keine große oder vergleichbare Industriestadt. Die Menschen in Urumqi leben autonom und können kaum auf Erfahrungen von Nachbarn schauen", so der Experte. "Zudem ist noch vieles was in Urumqi geschieht, informell." Das gelte gerade auch im Abfallbereich, wo kaum mehr als eine Großdeponie für Hausmüll offiziell in Erscheinung tritt. "Die Deponie, die der deutschen Delegation gezeigt wurde, machte einen optisch guten Eindruck", erklärt Sterr. Fraglich bleibe weiterhin, wie die anderen Deponien aussehen.

Inhaltlich gehe es im Schlüsselbereich Abfall gegenwärtig zunächst einmal darum, die zwischen Abfallentstehung und Abfallbeseitigung bzw. Materialrückführung stehenden Akteure in ihrer jeweiligen Rolle und ihren jeweiligen Handlungsmöglichkeiten zu verstehen und zu skizzieren. Vor diesem Hintergrund könnten dann auch Fragen zu Abfallarten, Abfallwegen und tatsächlichen Abfallmengen besser beleuchtet werden. "Wir wollen Dinge faktisch bewegen", meint Sterr, "Aber nicht indem wir uns gegenüber den Menschen dort selbst ins Rampenlicht stellen, sondern in relevanten Fragen zur Seite stehen." Dabei spiele auch der informelle Austausch mit Wissens- und Entscheidungsträgern vor Ort eine ganz wesentliche Rolle. Wesentlich sei es deshalb, sich mit den Verhältnissen und Verflechtungen vor Ort intensiv zu beschäftigen und eine breite Vertrauensbasis zu schaffen. Erst dadurch ließen sich tatsächliche Zusammenhänge richtig erkennen und bewerten. Und erst dadurch könnten gewonnene Informationen dann auch anwendungsgerecht aufbereitet werden.

"Wir wollen best-practise-Beispiele liefern und dabei die Partner aus Urumqi mit kompetenten und erfahrenen Akteuren der deutschen Partnerregion in direkten Kontakt bringen. Damit wollen wir zeigen, dass Ökonomie und Ökologie mit marktwirtschaftlichen Prinzipien vereinbar sind. Über solche personifizierten Kontakte und Anregungen wollen wir dazu beitragen, auch im dynamischen Wachstumsprozess von Urumqi ein gesellschaftlich verantwortbares Gleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie herzustellen", führt Sterr aus. Hierzu müssten allerdings die Fachkontakte noch wesentlich weiter vertieft werden, denn es handle sich um eine sehr sensible Aufgabe.

Erst im April dieses Jahres fand im derzeit noch ländlich geprägten Gelände zwischen Urumqi und seiner Nachbarstadt Changji die Grundsteinlegung zu einem ersten modernen Chemiepark statt, dem weitere Bauabschnitte folgen sollen. Zu den wesentlichen Hintergründen dieser Entwicklung zählt der Wille der chinesischen Staatsregierung, dem bislang stark vernachlässigten Westen des Landes zu einer dynamischeren Entwicklung zu verhelfen. Ein wesentlicher Ansatz hierzu soll die Strategie bilden, die im Umfeld von Urumqi geförderten Rohstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas bereits im Nahbereich weiterzuverarbeiten, um so in der Region selbst eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Schon alleine dieser Umstand wird das Management von Industrieabfällen im zukünftigen Urumqi-Changji vor große Herausforderungen stellen, die Veränderungen notwendig machen.

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