pte20180717012 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Reaktion auf Alkohol und Schlafmangel verbunden

Adenosin laut Jülich- und DLR-Wissenschaftlern von großer Bedeutung


Schlafforscher Elmenhorst: Neues Wissen um Alkoholwirkung (Foto: fz-juelich.de)
Schlafforscher Elmenhorst: Neues Wissen um Alkoholwirkung (Foto: fz-juelich.de)

Jülich (pte012/17.07.2018/10:30) Alkohol reduziert die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen deutlich. Experten des Forschungszentrums Jülich http://fz-juelich.de und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) http://dlr.de haben nachgewiesen, dass Personen, die besonders stark von Alkohol beeinträchtigt werden, auch empfindlich auf Schlafentzug reagieren. Langfristig könnten diese Erkenntnisse dabei helfen, Unfälle zu vermeiden, die durch Übermüdung entstehen, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin "PNAS".

38 Stunden am Einschlafen gehindert

"Wie gut jemand mit Schlafmangel zurechtkommt, variiert von Mensch zu Mensch deutlich. Es gibt Personen, die zwei Tage lang wach bleiben können, ohne dass ihre geistigen Fähigkeiten dadurch leiden", erklären Eva-Maria und David Elmenhorst. Ebenso gäbe es Menschen, bei denen sich trotz eines hohen Alkoholspiegels im Blut die Reaktionszeit kaum verschlechtert. Sie wollten daher herausfinden, ob zwischen beiden Phänomenen ein Zusammenhang besteht.

Bei einem Versuch im Schlaflabor des DLR wurden knapp 50 Probanden 38 Stunden lang am Einschlafen gehindert. Danach führten sie einen zehnminütigen Reaktionstest durch. An einem anderen Tag nahmen sie eine individuell berechnete Menge Wodka zu sich. Danach wurde ihre Reaktionszeit erneut ermittelt. "Wer unter Alkoholeinfluss beim Reaktionstest gut abgeschnitten hatte, dem konnte auch der Schlafentzug nichts anhaben. Umgekehrt machte denjenigen Probanden der Schlafmangel zu schaffen, die mit langen Reaktionszeiten auf den Wodka reagiert hatten", berichtet Eva-Maria Elmenhorst. Ein Versuch, bei dem die Probanden über fünf Tage hinweg einer verkürzten Nachtruhe ausgesetzt wurden, bestätigte diese Ergebnisse.

Gemeinsamer biochemischer Mechanismus

Laut Elmenhorst werden die Anfälligkeit für Alkohol und Schlafentzug über einen gemeinsamen biochemischen Mechanismus gesteuert. Wie der im Detail aussieht, sei Moment noch nicht eindeutig zu beantworten. Eine Schlüsselfunktion dürfte aber dem körpereigenen Botenstoff Adenosin zukommen. Diese Substanz spielt eine zentrale Rolle für den Energiehaushalt des Organismus. Je länger ein Mensch wach bleibt, umso mehr Adenosin sammelt sich in seinem Gehirn an. Der Stoff dockt an der Oberfläche von Nervenzellen an und betätigt dort eine bestimmte Art von molekularen Schaltern, die Adenosin-Rezeptoren. Diese wirken ähnlich wie ein elektrischer Dimmer und schalten die Neuronen von "wach" auf "müde" um. Dadurch steigt der Drang, einzuschlafen, tagsüber kontinuierlich an.

Wie das Adenosin-System unter Einfluss von Alkohol reagiert, untersuchten die Forscher am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin mithilfe der Positronen-Emissions-Tomografie. Dieses Verfahren der molekularen Bildgebung kann frei verfügbare Adenosin-Rezeptoren sichtbar machen. An sieben Probanden konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sich die Menge der nicht belegten Rezeptoren im Gehirn schon kurze Zeit nach Alkoholgenuss deutlich erhöht. Die Nervenzellen stellen offenbar mehr Rezeptoren auf ihrer Oberfläche zur Verfügung - und damit auch mehr molekulare Schalter, um auf "müde" zu dimmen.

Alkohol verstärkt die müde machende Wirkung des Adenosins. "Das bestätigt unsere Annahme, dass die Anfälligkeit für Schlafmangel und Alkohol von Unterschieden im Adenosin-System abhängen", erläutert Elmenhorst. Die individuellen Unterschiede seien im Erbgut jedes einzelnen Menschen angelegt. Diese Erkenntnisse könnten praktische Bedeutung erlangen, etwa für Piloten oder Zugführer. Für sie ließen sich Empfehlungen für Dienst- und Ruhezeiten ableiten, die menschliches Versagen aufgrund von Übermüdung verhindern sollen.

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