pte20151009001 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Amokläufe: Warnzeichen lange vorher erkennbar

Stereotype über Täter stimmen laut neuen Auswertungen meist nicht


Amokläufer: Versagen oft ein Auslöser (Foto: pixelio.de, sokaeiko)
Amokläufer: Versagen oft ein Auslöser (Foto: pixelio.de, sokaeiko)

Tacoma/San Diego (pte001/09.10.2015/06:00) Aktuelle Studien zu verhinderten Amokläufen und Einsamkeit legen nahe, dass es falsche Vorstellungen hinsichtlich der psychischen Gesundheit in diesen Situationen gibt. Zu den verbreiteten Stereotypen gehört, dass die Täter geistig krank seien. Das ist jedoch laut Eric Madfis von der University of Washington http://washington.edu normalerweise nicht der Fall. Laut dem Experten ist der Großteil der gewalttätigen Menschen nicht psychisch krank und der Großteil der psychisch Kranken nicht gewalttätig.

Verklärte Männlichkeit

Auch führen Amokläufer, so der Fachmann, keine isolierten Leben, denn die Taten finden selten plötzlich statt. In den meisten Fällen ist ihnen ein negatives Ereignis wie der Verlust des Arbeitsplatzes oder das Ende einer Beziehung vorhergegangen. Laut Reid Meloy von der University of California http://ucsd.edu versagen viele dieser Menschen in Beziehungen und im Job. Dieses Versagen wird zu einer Erniedrigung, die bei manchen Menschen zu Wut wird.

Dem Forschungsstand nach ist soziale Isolation schlecht. Herzprobleme, Veränderungen der Immunreaktion und ein frühzeitiger Tod können die Folge sein. Dazu können verstärkte Angstgefühle und Feindseligkeit kommen. Es spielen jedoch zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle. Dazu gehört auch der Zugang zu Waffen. Forscher haben berechnet, dass rund 95 Prozent der Täter männlich sind. Die meisten stammen aus der Mittelklasse, sind heterosexuell und weiß, also in den USA alles Indikatoren für ein relativ privilegiertes Leben. Zusätzlich handelt es sich meist entweder um Teenager oder Menschen mittleren Alters.

Laut Madfis ist dieses dreifache Privileg von weißer, heterosexueller Männlichkeit bei Versagen oder Job-Verlust weniger erwartbar und bei diesen Männern daher ein größerer Anlass für Scham. In der Folge versichern sie sich, so der Wissenschaftler, ihrer Männlichkeit durch Gewalt. Das habe auch damit zu tun, wie Männlichkeit heute gelebt werden kann.

Hinweise auf Gefahren

Meloy arbeitet im Bereich der Bedrohungsanalyse. Dabei werden Psychologie, Sozialarbeit und Strafverfolgung kombiniert, um möglicherweise gefährliche Personen zu identifizieren und einzugreifen, bevor sie ihre Pläne umsetzen können. Seine Forschung legt nahe, dass Menschen, die zu Amokläufern werden und Menschen erschießen, in den Tagen und Wochen vor der Tat ein bestimmtes Verhalten an den Tag legen. Diese Muster in Kombination damit, dass die meisten Taten geplant sind, machen Hoffnung, dass diese verhinderbar sind.

In einer aktuellen Studie untersuchte Meloy gemeinsam mit Kollegen neun Fälle von Amokläufen an Schulen in Deutschland und 31 junge Menschen, die am Ende niemanden erschossen. Von den acht identifizierten Merkmalen waren fünf bei jenen, die die Tat schließlich begingen, deutlich häufiger anzutreffen: Alles, was mit der Planung oder Ausführung des Amoklaufes in Zusammenhang gebracht werden kann, Fixierung auf ein Thema, Identifizierung mit der Mentalität eines Soldaten oder Kriegers oder mit früheren Tätern.

Hinzu kommt, dass viele Täter Menschen über ihre Pläne informieren. Der Täter vom jüngsten Fall in Oregon soll seine Pläne online gepostet haben. Daher sei es von entscheidender Bedeutung, dass gerade in sehr verbundenen Umfeldern wie Schulen entsprechend reagiert werde. Madfis belegt, dass es bei elf Schulen im Nordwesten der USA von entscheidender Bedeutung war, dass geplante Taten von Schülern gemeldet wurden.

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