pte20140424003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

GB: Protestwelle nach Bücherverbot für Häftlinge

"Pussy Riot"-Mitglied betont Wert von Literatur im Gefängnis


"Pussy Riot": Putin-Gegner in Aktion (Foto: pussy-riot.livejournal.com)

London (pte003/24.04.2014/06:10) Großbritannien erregt mit dem Verbot von Bücher- und Zeitschriftensendungen für Gefängnisinsassen zunehmend den Unmut von nationalen und internationalen Menschenrechtsaktivisten. Eine entsprechende Protestinitiative der britischen Charity-Organisation Howard League for Penal Reform http://www.howardleague.org und des Literaturnetzwerks English PEN http://englishpen.org hat nun mehrere Briefe namhafter Künstler, Schriftsteller und Aktivisten aus den unterschiedlichsten Ländern dieser Welt veröffentlicht, die die britische Regierung zu einer sofortigen Aufhebung des Verbots bewegen sollen. Darunter findet sich auch ein Schreiben eines Mitglieds der derzeit wohl berühmtesten Mädchen-Punk-Band "Pussy Riot" http://pussy-riot.livejournal.com .

"Bücher stellen für dich die ganze Welt dar, wenn du im Gefängnis sitzt", zitiert der Guardian aus dem Schreiben von Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa, die als eine der zentralen Figuren der 2011 gegründeten feministischen, regierungs- und kirchenkritischen Punkrock-Band gilt. Das Pussy-Riot-Mitglied spricht aus leidlicher persönlicher Erfahrung, schließlich musste sie nach einer umstrittenen Verurteilung wegen "Rowdytums" gemeinsam mit zwei weiteren Bandkolleginnen 21 Monate in einem russischen Gefängnis ausharren. "Nur wenn man Bücher hat, weiß man, dass jeder Tag, den man hinter Gittern verbringt, nicht vollkommen umsonst gewesen ist", betont Tolokonnikowa.

"Reinste Folter"

Mit ihrer offenen Kritik an den übertrieben strengen Haftregeln in Großbritannien ist die bekennende Putin-Gegnerin aber längst nicht alleine. So haben sich neben der Pussy-Riot-Mitgründerin auch insgesamt neun andere prominente Künstler, Autoren und Menschenrechtsaktivisten in schriftlicher Form zu den "skandalösen Vorschriften" geäußert. Darunter etwa die weißrussische Journalistin Iryna Kahlip, die nach der Kritik des heimatlichen Regimes im Mai 2011 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. "Wenn ihr den Gefangenen die Bücher wegnehmt, ist das reinste Folter. In Haft braucht man Bücher wie die Luft zum Atmen", stellt sie in ihrem Protestbrief klar.

Auch ihr nigerianischer Kollege Kunle Ajibade, der dreieinhalb Jahre lang in einem alten, noch während der britischen Kolonialzeit errichteten Gefängnis in Makurdi zubringen musste, kann die aktuelle Situation in Großbritannien nicht nachvollziehen. "Ich war an einem Ort gefangen, der nach verrottendem Fleisch und Exkrementen stank. Aber sogar dort war es mir erlaubt, Bücher geschickt zu bekommen", kritisiert Ajibade. Er habe in Haft auch persönlich erlebt, welche therapeutische Wirkung Literatur in derart trostlosen Situationen haben kann. "Warum sollte jemand, der sich auch nur einigermaßen für Menschlichkeit einsetzt, das einem Gefangenen wegnehmen wollen", so der Journalist.

Vergünstigungen und Privilegien

Hintergrund für die gegenwärtige internationale Protestwelle ist eine Anordnung des britischen Justizministeriums Ministry of Justice http://justice.gov.uk . Die Regierungsbehörde hatte im November 2013 ein flächendeckendes Verbot ausgesprochen, das es Angehörigen untersagt, ihren inhaftierten Verwandten oder Bekannten Büchern oder Zeitschriften zukommen zu lassen. Mit der gleichen Maßnahme wurde den Gefängnisinsassen zudem auch die Annahme anderer essenzieller Gegenstände wie etwa Unterwäsche verboten. Mit den neuen Regeln wollte das Justizministerium laut eigenen Angaben "mit Vergünstigungen und Privilegien" von Gefangenen aufräumen.

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