pte20120217013 Politik/Recht, Kultur/Lifestyle

Europas Anwälte sehen Justiz weltweit in Gefahr

40. Tagung der europäischen Rechtsanwältepräsidenten gestartet


Marcella Prunbauer-Glaser bangt um die Justiz (Foto: fotodienst.at/Molner)
Marcella Prunbauer-Glaser bangt um die Justiz (Foto: fotodienst.at/Molner)

Wien (pte013/17.02.2012/13:30) Marcella Prunbauer-Glaser, Präsidentin des Rates der europäischen Anwaltschaften (CCBE) http://www.ccbe.eu , sieht die Justiz nahezu weltweit in Gefahr. Rund 200 Rechtsanwältepräsidenten aus 40 Ländern tagen dazu heute, Freitag, in Wien. Die Repräsentantin von gut einer Mio. Anwälte hat insbesondere die sogenannte Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds im Visier. Neben Bill Robinson III. aus den USA wird auch Viviane Reding, Vizepräsidentin der EU-Kommission, zur Konferenz erwartet.

Troika gefährdet Rechtssysteme

Mit Engagement, Verantwortungsbewusstsein und der Unterstützung aus 42 Ländern will die CCBE-Präsidentin 2012 weiteren Schaden von der Justiz abwenden. "Wir verfolgen schon über viele Jahre hindurch nahezu weltweit eine Verknappung budgetärer Ressourcen, welche die Arbeit der Justiz gefährdet - auch zum Schaden der Bürger", meint Marcella Prunbauer-Glaser im pressetext-Interview. "Die Politik spart hier am falschen Platz. Es brennt, könnte man sagen."

Laut Europas Anwältepräsidentin sind die Probleme in den Ländern besonders groß, welche von den Experten der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF zur Sanierung ihrer Staatshaushalte gezwungen werden: Irland, Griechenland, Portugal und auch Italien. Bulgarien und Rumänien fehle laut EU überhaupt ein Justizwesen europäischen Standards. Hingegen "hervorragend" klappe die internationale rechtliche Zusammenarbeit. Die Länder des Arabischen Frühlings haben bei der CCBE sogar um einen juristischen Know-how-Transfer angefragt.

Balance bei Grundrechten aus dem Lot

Schon bei den universellen Grundrechten ist für Prunbauer-Glaser die Balance aus Sicherheit und Freiheit "völlig aus dem Lot geraten". Deren Reparatur sieht die Österreicherin als große Herausforderung. Im Rahmen der europäischen Ziviljustiz sei vor allem der Verbraucherschutz auf bereits sehr hohem Niveau, wo nur mehr die rechtliche Harmonisierung ansteht. Als eines der "visionärsten rechtspolitischen Projekte" empfindet die CCBE-Präsidentin das Vertragsrecht. "Da gibt es viel Widerstand von den EU-Mitgliedern."

Die Strafjustiz betreffend plagen Prunbauer-Glaser eher heimische Sorgen, wo immer mehr eingespart werde. Aus EU-Sicht gelte es die Beschuldigtenrichtlinie (Recht auf Anwalt) zu stärken. Der Datenschutz liege ihr wie der EU-Kommissarin für Justiz besonders am Herzen und der Wunsch diesbezüglich, dass die Vertraulichkeit des Anwalts bestehen bleibt. Die Gleichstellung von Mann und Frau bleibe trotz intakten rechtlichen Rahmens ein Thema, hingegen weniger Diskriminierung im Allgemeinen.

Kampf gegen organisierte Kriminalität

Ein Punkt, der die gesamte Gesellschaft betrifft, ist für Europas Anwältepräsidentin die organisierte Kriminalität, die sich stets weiterentwickeln würde. Gleichzeitig besteht laut Prunbauer-Glaser die Tendenz zur rechtlichen Überregulierung dieses Bereichs, der zudem stark in die Bürgerrechte eingreift. "Vielen scheint es sehr zu passen, wenn die Kontrolle durch Justiz, Exekutive und Legislative nicht mehr gegeben ist."

(Ende)
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