pte20110928029 Forschung/Entwicklung, Technologie/Digitalisierung

Onlinetherapie ersetzt Face-to-Face-Kontakte

Kognitive Verhaltenstherapie per Web kann gegen Rückfälle helfen


Klischee Couch: Bald passé (Foto: flickr, pasukaru76)
Klischee Couch: Bald passé (Foto: flickr, pasukaru76)

Örebro/New York (pte029/28.09.2011/13:55) Eine Therapie im Internet kann mehr Patienten mit Depressionen helfen. Das hat der bekannte Psychologe Fredrik Holländare von der Örebro Universität http://oru.se bei einer Untersuchung über internetbasierte Kognitive Verhaltenstherapie herausgefunden. Das gilt sowohl für Depressionen, die akut sind, als auch zur Verhinderung von Rückfällen. "Wir wollen nicht die klassische Face-to-Face-Therapie ersetzen, wo sie gebraucht wird. Für manche ist es aber genauso gut, manchmal sogar besser, weil man selbst Ort und Zeit wählen kann", so Holländare. "Keine Therapieform passt auf alle Fälle. Aber je mehr Formen es gibt, desto besser können wir helfen."

Viermal so viele Patienten bewältigbar

Ein großer Vorteil besteht darin, dass eine begrenzte Zahl an Therapeuten nicht immer die Nachfrage bewältigen kann. Die internetbasierte Methode kann die Situation entspannen: Es wird geschätzt, dass über die Online-Verhaltenstherapie viermal so viele Patienten als im Face-to-Face-Kontakt bewältigt werden könnten. "Gerade nach einer Therapie einer Depression kann es zu Rückfällen kommen. Mit der webbasierten Methode konnten wir den Prozentsatz der Rückfälle auf zehn Prozent reduzieren - im Vergleich zu 38 Prozent bei der Kontrollgruppe." Wichtig bei der Kognitiven Verhaltenstherapie sei weniger der Therapeut, als die Regeln und Methoden derselben. Diese können auf verschiedenen Wegen gelehrt werden - eben auch übers Internet.

"In unseren Breiten wird psychologische Beratung durchaus schon angeboten. Dabei ist die Niederschwelligkeit internetbasierter Beratungsformen eine wesentliche Stärke. Je mehr sich das Kontinuum aber in Richtung Therapie verschiebt, umso komplizierter wird es und umso gespaltener ist auch die Fachwelt", meint Gerald Kral vom Zentrum Rodaun http://www.zentrum-rodaun.at gegenüber pressetext. Auch gesetzlich gibt es Nachbesserungsbedarf: Die asynchrone Form der Behandlung per E-Mail werde stark nachgefragt und ist vermutlich hochwirksam, wird vom Gesetz, das eine unmittelbare Behandlung verlangt, aber nicht vorgesehen. "Es kann nicht das Ziel sein, den Face-to-Face-Kontakt abzuösen. Aber eine sinnvolle Ergänzung, zum Beispiel auch bei Auslandsaufenthalten des Patienten, ist es allemal."

In den USA schon häufig eingesetzt

Blickt man auf die USA, so werden schon alle möglichen psychischen Probleme per Videokonferenz angegangen. Seiten wie http://breakthrough.com spielen Mittler zwischen Patienten und in diesem Fall schon beinahe 900 Therapeuten. Die Verbindung soll anscheinend hacksicher sein. "In drei Jahren wird dieses Modell wie eine Rakete abheben. Dann haben wir nur noch ein Grüppchen von 'orthodox gläubigen' Therapeuten, aber der Rest wird über das Internet arbeiten", so Eric A. Harris vom Versicherungskartell der amerikanischen Psychologenvereinigung.

Melissa Weinblatt, Patientin und Testerin des Systems: "Es ist praktisch, dass man seinen Doktor wie einen Sicherheitsgurt dabei hat. Aber weil er leichter erreichbar ist, brauche ich ihn weniger." Schwierigkeiten ergeben sich vor allem mit leicht erregbaren Patienten, wenn die Verbindung abreißt: Dee Anna Merz Nagel, eine New Yorker Psychotherapeutin, sagt ihren Patienten deshalb immer, dass Sie niemals absichtlich den Kontakt abreißen lässt. Nach den Erkenntnissen US-amerikanischer Psychologen sind Agoraphobie, Angstzustände, Depression und Zwangs- oder Suchtverhalten leicht online behandelbar. Manche behaupten sogar Internetsucht.

Andere sind skeptischer: "Ich kann den Mundgeruch eines Alkoholikers nicht über Skype überprüfen", beschwert sich ein User. Elaine Ducharme, Psychologin in Glastonbury, sagt: "Es ist sehr wichtig, dass man selbst Zeuge ist. Es gibt so viel, das in einem Raum passieren kann und ich sehe es auf Skype nicht."

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