pte20110926023 Tourismus/Reisen, Politik/Recht

Welttourismustag: Warnung vor Menschensafaris

Reiseanbieter verletzen öfters Rechte indigener Völker


Jarawa-Männer: Tourismus nicht immer Kulturvermittler (Foto: Survival/Salome)
Jarawa-Männer: Tourismus nicht immer Kulturvermittler (Foto: Survival/Salome)

Berlin (pte023/26.09.2011/13:20) Tourismus ist nicht überall "Kulturverbindung" und "Sprungbrett für Weltfrieden", wie dies die UNO anlässlich des Welttourismustages am morgigen 27. September betont. Immer wieder verletzt die Reisebranche Rechte indigener Ureinwohner. Letztere haben in dabei entstehenden Konflikten stets das Nachsehen. Vor regelrechten "Menschensafaris" warnt die NGO Survival http://survivalinternational.de und mahnt Reiseveranstalter wie auch Touristen selbst zu ethisch richtigem Verhalten.

"Respektlosigkeit des Tourismus gegenüber indigenen Ureinwohnern geschieht teils aus finanziellem Kalkül, teils aufgrund der Landschaft. Denn indigene Völker leben oft in schönen, unberührten Regionen", erklärt Linda Poppe, Sprecherin von Survival Deutschland, im pressetext-Interview. In mehreren Fällen verbirgt sich hinter einer Zurückdrängung jedoch auch politische Absicht.

"Werft ihnen Kekse zu!"

Sichtbar wird dieses Problem auf den Andamanen, die dank ihrer exotischen Sandstrände ein beliebtes Urlaubsziel sind. Auf der zu Indien gehörenden Inselgruppe lebt das Volk der Jarawa, das erst kürzlich kontaktiert wurde und bis 1998 den Kontakt mit Außenstehenden völlig ablehnte. Ungeachtet dessen wurde in den 1970er Jahren eine illegale Straße durch ihr angestammtes Land gebaut.

Bis heute bieten Reiseanbieter Touren entlang der sogenannten "Andaman Trunk Road" an. Sie ermutigen Touristen, die Jarawa zu entdecken und ihnen - wie Tieren - Kekse und Süßigkeiten zuzuwerfen. Im Raum steht auch ein mutmaßlicher sexuellen Übergriff auf eine indigene Frau durch Touristen. Die illegale Straße muss geschlossen werden, da sie die Gesundheit und das Wohl eines Volkes bedroht und somit die Botschaft des Welttourismustages zerstört, fordert Survival gemeinsam mit der Andamanen-Organisation "Search". Vier der fünf größten Reiseanbieter der Andamanen sind dem Boykottaufruf bereits gefolgt.

Jagdreviere statt Dörfer

Dass es sich jedoch um keinen Einzelfall handelt, zeigen Vorkommnisse vergangener Jahre. In Tanzania wurden Maasai-Dürfer niedergebrannt, um ein Gebiet für die Wildjagd zu erschließen. Mehrere Frauen, die sich zur Wehr setzten, wurden vergewaltigt und 3.000 Menschen wurden obdachlos. Ähnlich versucht die Regierung Botswanas, Buschleute von ihrem angestammten Land für die Errichtung eines Naturreservats zu vertreiben. Auf den Osterinseln demonstrierte im Vorjahr die indigene polynesische Rapanui-Bevölkerung gegen den Privatisierungsdruck - und erntete von der Polizei Tränengas und Gummigeschosse.

Tourismus kann gut in Einklang mit indigenen Völkern stehen, betont Poppe. "Am besten gelingt dies, wenn indigene Völker selbst als Veranstalter auftreten", so die Expertin. Als Beispiele nennt sie das Projekt "Picnic with the Penan" http://picnicwiththepenan.org im Regenwald Malaysias sowie Panorama-Reisen in der Mongolei, die das Hirtenvolk der Tsaatan anbietet.

Keine Steinzeit-Völker

Reiseveranstalter sollten sich streng an internationale Normen halten, Konsultationen veranstalten und keine Ausstellung betreiben, fordert die Survival-Sprecherin. Das beginne bereits beim Reiseprospekt. "Werden indigene Völker so dargestellt, dass ihr Besuch eine 'Reise in die Steinzeit' ist, so ist das unwahr und zutiefst erniedrigend", stellt Poppe fest. Auch das Personal der Reiseveranstalter sollte gegenüber der indigenen Bevölkerung Respekt zeigen, um nicht falsche Stereotypen zu schüren.

Den Touristen legt Poppe nahe, indigenes Land wie jedes andere Privatgrundstück zu betrachten. "Das heißt, das Land nur mit ausdrücklicher Genehmigung zu betreten, keine Fotos ohne Zustimmung zu machen und für Arbeit oder die Bereitstellung des Landes angemessen zu bezahlen. Viele Gefahren sind den meisten Touristen allerdings kaum bewusst. Infektionskrankheiten, die wie etwa Erkältungen oder Influenza meist harmlos verlaufen, können für indigene Menschen tödlich sein."

(Ende)
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